Video-Objektive für DSLR- und DSLM-Kameras

Hochwertige Fotos und Filme in Kinoqualität lassen sich im Digitalzeitalter mit derselben Kamera aufnehmen. Die Digitaltechnik hat die Notwendigkeit unterschiedlicher Aufnahmesysteme für Lauf- und Stehbilder überflüssig gemacht. Aber gilt das auch für Objektive? Nicht ganz, wie der aktuelle Boom der Cine-Objektive und der sogenannten Rehousing Modelle, sprich Umbauten bekannter Objektivrechnungen von Fotoobjektiven, zeigt.

Der Grund, warum für das Filmen Spezialobjektive von Vorteil sind, liegt in den abweichenden Arbeitsabläufen beim Fotografieren und Filmen. Das beginnt bereits bei den Anforderungen an die Schärfensteuerung. So ist beispielsweise die Schärfenverlagerung von einem Objekt im Bild auf ein anderes ein sehr beliebtes Stilmittel. Einige AF-Steuerungen moderner Kameras können dies einfach so bewerkstelligen, in dem der Kameramann auf dem Touchscreen das Objekt berührt auf das die Schärfe verlegt werden soll. Dabei sind bei manchen Kameramodellen auch die Geschwindigkeiten, mit denen die Schärfenverlagerung erfolgen soll, vorwählbar. Der klassische Workflow bei Filmen läuft allerdings anders ab. Für das Filmen konzipierte Objektive besitzen beispielsweise einen deutlich längeren Scharfstellweg, um sanft und ruckelfrei per motorischer „Follow Fokus“-Einrichtung oder manuell mithilfe eines als Zubehör erhältlichen Steuerhebels langsam die Schärfe verlagern zu können.

Das Gleiche gilt für die Blendeneinstellung. Diese ist bei Cine-Objektiven nicht nur bei jeder Einstellung kreisrund, um eine eindrucksvolle Hintergrundunschärfe, auch „Bokeh“ genannt, zu erhalten, sondern lässt sich ebenfalls stufenlos verstellen. Manche für den Doppelnutzen beim Filmen und Fotografieren ausgelegten Wechselobjektive bieten auch einen sogenannte „de-Click“ Mechanismus, der eine Rastblende in eine stufenlos einstellbare verwandelt. Auch für die Blendenverstellung gibt es wie für die Scharfstellung motorische Steuerungen als Zubehör, die sich auf sogenannten Rigs, wie sie gern als Halterung für Kamera und Zubehör verwendet werden, präzise montieren lassen. Damit diese Steuerungen nicht bei jedem Objektivwechsel neu justiert werden müssen, haben Schärfen- sowie Blendenringe Zahnkränze und besitzen bei allen Brennweiten einer Objektivserie nicht nur identische Durchmesser und befinden sich an den gleichen Positionen, sondern gleichen sich auch in den Hub-Wegen, also den Einstellwegen zwischen Anfangs- und Endposition.

Neben identischen Durchmessern und den gleichen Positionierungen der Zahnkränze für die stufenlose Fokus- und Blendensteuerung bieten die höherwertigen Sets von Cine-Objektiven auch eine durchgängig hohe Lichtstärke und liefern die gleiche Farbcharakteristik über alle Brennweiten. Auch das Filtergewinde ist identisch und die Frontlinse bewegt sich nicht beim Fokussieren, so dass Effektfilter beim Verstellen der Schärfe nicht neu angepasst werden müssen.

Einige dieser Eigenschaften sind auch bei Objektiven für die Fotografie zu finden. Allerdings wird bei ihnen in der Regel weniger auf einen linearen Scharfstellmechanismus wert gelegt. Bei Cine-Objektiven ist dies aber eine wichtige Voraussetzung, da das sogenannte Pumpen, also das Hin- und Herfahren der Fokuseinstellung bei Bewegtbildaufnahmen, vom Betrachter meist als sehr störend empfunden wird.

Ein wesentliches Kriterium für Wechselobjektive für Filmer ist die Platzierung und Lesbarkeit der eingravierten Skalen für alle Einstellungen. Während sie bei Fotoobjektiven häufig oben angebracht sind oder oft auch ganz fehlen und nur noch digital auf Displays angezeigt werden, legen Filmer großen Wert auf eine klare Anzeige, die meist auf beiden Seiten der Spezialobjektive zu finden ist.

Fast alle wichtigen Objektivhersteller führen inzwischen auch eine Produktlinie für das Filmen mit Spiegelreflex- (DSLR) und kompakten (spiegellose) Systemkameras. Während die meisten Fotoobjektive der Kamerahersteller nur mit dem eigenen Bajonettanschluss angeboten werden, sind die Objektivsets für das Filmen in der Regel mit nahezu allen gängigen Anschlüssen zu haben. Da es sich bei den Cine-Objektiven für DSLM- und DSLR-Kameras in der Regel um hochmoderne, neue Rechnungen und Konstruktionen handelt, sind die meisten auch auf die Anforderungen der höchstauflösenden Sensoren aktueller und kommender Generationen ausgelegt. Selbst 4K und 8K Kinoqualität dürften die meisten von ihnen mit Bravour erreichen. Der Siegeszug der Spiegelreflex- und Systemkameras in der Film- und Fernsehwelt, stützt sich nicht allein auf die günstigeren Preise für das Kameraequipment. Auch Kompaktheit und Gewicht spielen eine wesentliche Rolle, weil sie die Arbeit nicht nur erleichtern, sondern auch neue Perspektiven und Aufnahmestileermöglichen. Kaum haben die Kameras mit kleineren Sensoren die Kinoproduktion revolutioniert, schickt sich eine neue Generation spiegelloser Mittelformatkameras an, ganz großes Kino zu inszenieren. Die ersten Objektivhersteller haben aktuell zur NAB in Las Vegas, der wichtigsten Messe für die Produzenten der TV- und Filmbranche, auch dafür schon die passenden Objektive mit der dafür erforderlichen Bildkreisgröße vorgestellt.

Videotipps 05 / 2017